OPEN YOUR EYES FESTIVAL in Zürich (8.9. – 15.10.2023)

Das OPEN YOUR EYES Festival ist ein Festival für kreative Fotografie, das vom 8. September bis 15. Oktober 2023 in Zürich stattfinden wird. Das Festival hat zum Ziel, die 17 Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) der UNO zu präsentieren und die Menschen dazu zu ermutigen, sich mit ihnen auseinander zu setzen. Die Fotografien werden in den Straßen, Plätzen und Parks von Zürich ausgestellt, um die Grenzen zwischen Kunst und Publikum zu durchbrechen und die Besucher*innen in die Reflexion einzubeziehen.

Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs) wurden im September 2015 von den Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen verabschiedet. Sie bilden einen umfassenden globalen Aktionsplan, um bis zum Jahr 2030 weltweit wirtschaftlichen Fortschritt, soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz miteinander in Einklang zu bringen. Und das sind die Zielvorgaben:

  1. Keine Armut: Das Ziel besteht darin, Armut in all ihren Formen und überall zu beenden, indem die Einkommensungleichheit verringert und soziale Sicherheit gestärkt wird.
  2. Kein Hunger: Dieses Ziel zielt darauf ab, den weltweiten Hunger zu beenden, die Ernährungssicherheit zu gewährleisten und nachhaltige Landwirtschaft zu fördern.
  3. Gesundheit und Wohlergehen: Das Ziel ist eine Förderung von Gesundheit für alle Altersgruppen, die Bekämpfung von Krankheiten und die Verbesserung der Gesundheitsversorgung.
  4. Hochwertige Bildung: Hierbei geht es um den Zugang zu hochwertiger Bildung und lebenslangem Lernen für alle Menschen.
  5. Geschlechtergleichheit: Dieses Ziel strebt die Beseitigung von Geschlechterdiskriminierung und Gewalt an, um die Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen.
  6. Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen: Das Ziel ist eine sichere Trinkwasserversorgung und angemessene Sanitäreinrichtungen für alle Menschen.
  7. Bezahlbare und saubere Energie: Dieses Ziel fördert den Zugang zu erschwinglicher, zuverlässiger, nachhaltiger und moderner Energie.
  8. Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum: Es geht darum, inklusives Wirtschaftswachstum, menschenwürdige Arbeitsbedingungen und produktive Beschäftigung zu fördern.
  9. Industrie, Innovation und Infrastruktur: Ziel ist die Förderung von nachhaltiger Infrastruktur, Innovation und nachhaltiger Industrialisierung.
  10. Weniger Ungleichheiten: Hierbei sollen soziale, wirtschaftliche und politische Ungleichheiten innerhalb und zwischen Ländern verringert werden.
  11. Nachhaltige Städte und Gemeinschaften: Das Ziel ist eine nachhaltige Urbanisierung, die Lebensqualität in Städten und Gemeinden verbessert.
  12. Nachhaltige/r Konsum und Produktion: Dieses Ziel strebt nach nachhaltigeren Konsum- und Produktionsmustern, um Umweltauswirkungen zu reduzieren.
  13. Maßnahmen zum Klimaschutz: Es geht um dringende Maßnahmen, um den Klimawandel zu bekämpfen und seine Auswirkungen zu begrenzen.
  14. Leben unter Wasser: Ziel ist der Schutz der Meere und Ozeane sowie der Erhalt der marinen Biodiversität.
  15. Leben an Land: Dieses Ziel zielt darauf ab, die biologische Vielfalt an Land zu schützen, nachhaltige Landnutzung zu fördern und Wälder nachhaltig zu bewirtschaften.
  16. Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen: Es geht um Förderung von Frieden, Gerechtigkeit, Menschenrechten und effektiven Institutionen.
  17. Partnerschaften zur Erreichung der Ziele: Hierbei sollen globale Partnerschaften zwischen Regierungen, der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft gestärkt werden, um die SDGs zu erreichen.

Die SDGs bauen auf den Millennium-Entwicklungszielen (MDGs) auf und spiegeln ein breiteres Verständnis von Nachhaltigkeit und Entwicklung wider. Sie wurden in Anerkennung der Notwendigkeit geschaffen, gemeinsam an globalen Herausforderungen zu arbeiten und eine nachhaltige Zukunft für alle zu schaffen.

Angesichts der fortschreitenden Umweltzerstörung stellt sich zwangsläufig die Frage, wieweit die von der UNO formulierten Ziele dann von den real existierenden (Groß)Mächten umgesetzt werden. Vor allem muss darüber nachgedacht werden, ob nicht weltweit radikale Änderungen des Wirtschaftssystems notwendig sind, um den Zielen von Gleichheit, Frieden und Wohlstand für alle näher zu kommen.

Das Festival besteht aus zwei Routen – der Stadtroute und der Seeroute –, die entweder zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erkundet werden können. Die Ausstellung umfasst 17 thematische Inseln, die die verschiedenen Nachhaltigen Entwicklungsziele repräsentieren. Auf jeder Insel werden ein oder zwei Geschichten erzählt, die zu neuen Perspektiven auf unsere Welt und einem besseren Verständnis unserer komplexen Gesellschaft einladen. Die ETH Zürich ergänzt die Themeninseln mit relevanten Forschungsergebnissen.

Humanistische Fotografie

Das Festival steht deutlich in der Tradition der „humanistischen Fotografie“. Die teilnehmenden Fotograf*innen sind dafür ebenso Garant*innen wie das Organisationsteam rund um Lois Lammerhuber (mehr dazu weiter unten).

In Baden (Niederösterreich) hat Lammerhuber mit seinem Team im Rahmen des Fotofestivals La Gacilly in Baden wertvolle Erfahrungen gesammelt, was die „großflächige“ Präsentation von Fotografien im öffentlichen Raum betrifft. Ein solches Konzept in einer Großstadt umzusetzen ist aber noch einmal ein anderes Paar Schuhe. Vor allem die Synthese aus den engagierten und kritischen Themen der SDGs und ihrer fotografischen Umsetzung und Zürich, einem international herausragenden globalen Finanzplatz als Ausstellungsort, garantiert Spannung.

Die Stadt lockt aufgrund ihrer wirtschaftlichen Stabilität und Fachkräfte Investoren und Unternehmen an. Doch hinter den glänzenden Fassaden der Banken und Finanzdienstleister gibt es auch kritische Stimmen. Die Schweiz wurde oft wegen ihrer traditionellen Bankgeheimnisse und ihrer Rolle bei der Steuervermeidung kritisiert. Schweizer Banken standen im Fokus von Vorwürfen, dass sie in undurchsichtige Finanzgeschäfte verwickelt waren, die zu sozialen Ungleichheiten und Umweltschäden beigetragen haben könnten.

Die Zürcher Börse mag zwar ein wichtiger Marktplatz sein, aber sie steht auch in der Kritik, dass sie manchmal kurzfristigen Profit über nachhaltige Investitionen stellt. Die Stadt beherbergt ein Netzwerk von Beratungsfirmen und Anwaltskanzleien, die oft dafür eingesetzt werden, internationale Steuerschlupflöcher auszunutzen. Diese Praktiken haben zu internationaler Kritik geführt, da sie den Ländern, in denen die Unternehmen tätig sind, dringend benötigte Steuereinnahmen entziehen können.

Die Globalisierungskritiker weisen darauf hin, dass der Reichtum, der durch den Finanzsektor in Zürich generiert wird, oft auf Kosten von ärmeren Ländern und der Umwelt geht. Die Konzentration von Finanzmacht in wenigen Händen verstärkt globale Ungleichheiten. Die Transparenz und Verantwortlichkeit von Schweizer Banken wurden in Frage gestellt, da sie möglicherweise zur Finanzierung von fragwürdigen Geschäften beitragen. Insgesamt zeigt die Geschichte von Zürich als Finanzplatz, dass hinter dem Glanz des Erfolgs auch Schattenseiten der Globalisierung und finanzielle Ungerechtigkeiten stehen. Pointe am Rande: einer der bekanntesten Kritiker der Globalisierung, der greise Jean Ziegler, ist Schweizer – vermutlich der zornigste seit Wilhelm Tell.

Dementsprechend fordernd auch die ästhetische Gestaltung der 17 Fotoerzählungen der beteiligten Künstler*innen. Hier ein Überblick über die einzelnen Stationen:

SDG 1 NO POVERTY

  • Peter Menzel (USA) Material World with photographs by Alexandra Boulat, Miguel Luis Fairbanks, Peter Ginter, Leong Ka Tai and Louis Psihoyos.
  • Renée Byer (USA) Living on a Dollar a Day

SDG 2 ZERO HUNGER

  • George Steinmetz (USA) Feeding 9 Billion

SDG 3 GOOD HEALTH AND WELL BEING

Esther Haase (DE) Rock’n Old


Traude Wysocki, geboren 1920, mit Peter Dünkler
«Der Flirt ist eine Romanze im Zeitraffer. Die Romanze ist ein Flirt in Zeitlupe.» Billy Wilder
© Esther Haase

SDG 4 QUALITY EDUCATION

Chris de Bode (NL) I have a Dream
Maryam Firuzi (IR) Reading for Theran Streets
Special exhibition CERN The Code of the Universe – Future Circular Collider

SDG 5 GENDER EQUALITY

Anna Boyiazis (USA) Finding Freedom in the Water

Cooper & Gorfer (USA, AT) Aus den Erzählungen

© Cooper & Gorfer, Holding Vanessa

SDG 6 CLEAN WATER AND SANITATION

  • Randy Olson (USA) Planet of Plastic

SDG 7 AFFORDABLE AND CLEAN ENERGY

  • Cyril Jazbek (SL) Make your own Glaciers

SDG 8 DECENT WORK AND ECONOMIC GROWTH

Cassio Vasconcellos (BR)  Jenseits der Wirklichkeit

Container

© Cássio Vasconcellos

SDG 9 INDUSTRY, INNOVATION AND INFRASTRUCTURE

  • Jerome Gence (Reunion/FR) I Love A Hologram
  • Gerd Ludwig (USA) The Long Shadow of Chernobyl

SDG 10 REDUCED INEQUALITIES

  • Jodi Cobb(USA) 21st Century Slavery
  • Ana María Arévalo Gosen (VEN) Días Eternos

SDG 11 SUSTAINABLE CITIES AND COMMUNITIES

  • eoVision/Satelliten-Fotografie (AT) The Human Footprint

SDG 12 RESPONSIBLE CONSUMPTION AND PRODUCTION

  • Vera Mercer (DE) Vom Werden und Vergehen: Lebenslust und Vanitas
  • Dominic Nahr (CH) Schweizer Bioprodukte

SDG 13 CLIMATE ACTION

Shana & Robert ParkeHarrison (USA) Surreale Welt

James Balog (USA) Antarctica, The Global Warming + The Human Element: A time Capsule from the Anthropocene


Edison’s Licht | Edison’s Light

© Shana Robert und ParkeHarrison

SDG 14 LIFE BELOW WATER

  • David Doubilet (USA) Two Worlds: Above and Below the Sea
  • Jennifer Hayes (USA) Two Worlds: Above and Below the Sea

SDG 15 LIFE ON LAND

  • Michael Nichols (USA) Wild

SDG 16 PEACE, JUSTICE AND STRONG INSTITUTIONS

  • Goran Tomašević (RS) War

SDG 17 PARTNERSHIPS FOR THE GOALS

  • Rina Castelnuovo & Jim Hollander (IL) Lonka Project, with photos of: Tsafrir Abayov, Eli Reed, Steve McCurry, Bea Bar Kallos, Roger Ballen, Ziv Koren

Tatsächlich kann dieses Festival, dessen Untertitel „stop. think. feel. act.“lautet, in einem historischen Moment, in dem angesichts von „deep fake“ und Künstlicher Intelligenz Zweifel an der Zukunft der Fotografie als verändernder Kulturtechnik laut werden, nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Das Konzept ist, so wie das von La Gacilly, naturwüchsig demokratisch: die Fotografien sind für alle kostenlos zugänglich, und das barrierefrei. Zugleich bemühen sich die Veranstalter*innen, die vielstrapazierte „Nachhaltigkeit“ auch zu praktizieren. Bei den verwendeten Materialien wird auf Wiederverwendbarkeit gesetzt, durch die Zusammenarbeit mit lokalen Partner*innen wird der ökologische Fußabdruck so klein wie möglich gehalten.

Die Verschränkung mit der Wissenschaft macht das Projekt zusätzlich spannend. Die renommierte ETH Zürich begleitet die ausgestellten Fotostrecken mit der Präsentation dazu passender wissenschaftlicher Forschungen und Erkenntnisse. „act“ könnte so auf eine solide Grundlage gestellt werden. Großflächige Schrifttafeln informieren über die jeweiligen Themen, die Künstler*innen haben Raum für einleitende Statements zu ihren Bildern.

Auf der Polyterasse der ETH Zürich wird ab 1. September in Zusammenarbeit mit OPEN YOUR EYES die Ausstellung “Code of the Universe” gezeigt. Sie wurde 2018 von Lois Lammerhuber für den CERN entwickelt.

Die Veranstaltung wird von einem Kernteam organisiert, das den Trägerverein bildet und für das Thema brennt. Die Führung des Vereins liegt in den Händen von Hansruedi Strasser, Silvia Lammerhuber und Lois Lammerhuber.

Lois Lammerhuber, ein dreifacher Gewinner des „Graphis Photo Award“ für die weltweit beste Reportage des Jahres, und Silvia Lammerhuber, Geschäftsführerin des Verlags Edition Lammerhuber, leiten die Organisation und das Management des Festivals. Beide sind erfahrene Fachleute, die in ihrer Karriere viele bemerkenswerte Arbeiten geschaffen und zahlreiche Bücher und Reportagen veröffentlicht haben. Lois Lammerhuber hat außerdem 2013 den Global Peace Photography Award ins Leben gerufen und ist seit 1994 Mitglied des Art Directors Club New York.

Schon jetzt kann man gespannt sein, wie dieses innovative Projekt das Stadtbild Zürichs prägen wird.

Kurt Lhotzky

Herzlichen Dank an die Organisatoren von OPEN YOUR EYES für die Erlaubnis, die im Text gezeigten Fotos zu verwenden!

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