Am 16. Juli 2018 veröffentlichte die Columbia Journalism Review ein langes Feature ihrer Mitarbeiterin Kristen Chick über ein lange totgeschwiegenes und unterdrücktes Thema: Sexuelle Belästigung und sexuelle Ausbeutung im Fotojournalismus.

Während in der öffentlichen Wahrnehmung kaum ein Bereich des Journalismus so häufig mit Männernamen verknüpft wird wie jener der Bildberichterstattung (Stichwort: Robert Capa, Henri Cartier-Bresson, Don McCullin …) ist es doch in Wirklichkeit ein Genre, in dem Frauen Hervorragendes geleistet haben und leisten.

Umso erschütternder sind die Beispiele für sexuelle Übergriffe, die Kristen Chick dokumentiert hat und die leider auch renommierte Agenturen und Redaktionen betreffen, die in ihrer Gesamtheit für einen humanistischen Fotojournalismus stehen. So berichten etwa etliche Journalistinnen darüber, von einem der Gründungsmitglieder der Agentur VII, Antonin Kratochvil,   verbal und physisch belästigt worden zu sein. VII ist eine kollektiv organisierte Agentur – umso bitterer ist vor allem der Vorwurf der Betroffenen, dass seitens der Agentur das Verhalten Kratochvils stillschweigend übergangen worden sei.

In einem “Zweiten Statement” präzisiert VII (die Agentur hat mittlerweile den Link zur Homepage von Kratochvil  und seinen Namen aus der Liste der Ehrenmitglieder entfernt), dass es seit 2017 nicht nur eine neue Zusammensetzung der Agentur gibt; dadurch hat sich der Frauenanteil drastisch erhöht. Eine Ethik-Richtlinie definiert klare Richtlinien für das Verhalten der Mitglieder der Agentur nach Innen und Außen; weiters wurde eine eigene Struktur unter weiblicher Leitung geschaffen, an die Beschwerden gerichtet werden können.

Der oben verlinkte Artikel des CJR beschäftigt sich auch mit anderen Fällen, in denen  Abhängigkeitsverhältnisse ausgenützt worden sein sollen. Auch wenn “große Namen” zur Disposition stehen, zeigt die Branche – sensibilisiert durch #metoo und die folgenden öffentlichen Debatten –  eine deutliche Bereitschaft, das tabuisierte Thema endlich anzugehen.

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